Hallo,

Selbst vor ein paar Jahren hätte ich mir noch nicht vorstellen können, wie mein Leben heute sein würde. Ich glaube ich habe mir früher nie Gedanken darüber gemacht, wie ich mein Leben wirklich gestalten will. Es war doch alles klar. Schule, Uni, Karriere, Partnerschaft, Kinder, Wohnung oder so ähnlich zumindest. Und so lief es dann auch, aber ab irgendeinem Punkt war da immer so ein nagendes Gefühl, dass das, was ich hatte, doch nicht alles gewesen sein kann. Dann, als ich unumkehrbare Entscheidungen hätte treffen müssen, wie zu heiraten oder Kinder zu bekommen. Ich denke, es war reiner Zufall, dass ich das irgendwie gespürt habe. Und als ich mir erstmal erlaubt hatte, meinen eigenen Weg zu gehen und den Erwartungen zu entsagen, gab es kein Halten mehr. Mit 30 trennte ich mich aus 7 Jahren Beziehung, mit 32 kündigte ich ohne Plan meinen sehr gut bezahlten, unbefristeten Vollzeitjob. Ich ging erstmal auf Reisen und so ganz ohne Termine und Verpflichtungen konnte ich immer besser die Stimmen meiner Bedürfnisse und Wünsche hören. Sie brachten mich zum Psychologiestudium und letztendlich in die Selbstständigkeit, denn mir wurde klar, dass Unabhängigkeit und Authentizität meine wichtigsten Werte sind. In meinem Umfeld sagten viele, wie mutig sie das alles finden. Aber für mich fühlte es sich immer eher an wie eine Notwendigkeit. Wie, als würde es gar nicht anders gehen, als auf meine inneren Stimmen zu hören.

 

Seit acht Jahren bin ich nun wirklich auf meinem eigenen Weg und habe dabei immer wieder mit Themen zu tun, die von gesellschaftlichen Erwartungen abweichen. Es ist mir bewusst, dass ich unglaublich privilegiert bin. Diese Privilegien beeinflussen meine Entscheidungen und mein Leben und werden weiterhin Teil davon sein. Umso wichtiger ist es mir, mich kontinuierlich kritisch zu reflektieren und diskriminierende Muster meiner Sozialisierung zu entlernen. Der Austausch mit und das Lernen von Anderen hat mein Bewusstsein dafür geschärft, an wie vielen Stellen unsere patriarchale, kapitalistische und diskriminierende Gesellschaft Menschen in ihrem Sein einschränkt, sie auf Merkmale reduziert, anstatt sie als Menschen zu sehen. Ich möchte ein Ally für Personen sein, die von Diskriminierung und Marginalisierung betroffen sind. Deshalb setzt ich mich im Alltag und beruflich dafür ein, unsere Welt menschlicher zu machen.